grow! Hallo Rollo, du gehörst zu den Urgesteinen des Hanfmuseums und warst von der Idee, über die Gründung bis zum heutigen Tag mit dabei. Kannst du dich noch erinnern, wie es zur Gründung des Hanfmuseums gekommen ist?
Rollo: Es ist zwar schon ein paar Jahre her, aber ich kann mich noch gut an die Anfangszeit erinnern. Es war 1993, als Eva Hodge und ich zum ersten Jahrestreffen des Hanf e. V. nach Köln gefahren sind. Bei der Gelegenheit hatten wir einen Abstecher nach Amsterdam unternommen und waren dort unter anderem auch im »Hashmuseum« gewesen. Hier kam Hanfmuseum_Berlin03.jpguns die Idee, dass ein solches Museum auch in Deutschland eine gute Sache wäre. Gedacht — gemacht, zurück in Berlin arbeiteten wir ein Konzept für ein Museum aus und machten uns damit auf die Suche nach einer passenden Location. Irgendwie kamen wir in Kontakt zu der Wohnungsbaugesellschaft, die die Räumlichkeiten für das damalige Handwerker-Museum vermietet hatte. Da das Handwerker-Museum aus finanziellen Gründen in das Dorf-Museum Marzahn umziehen wollte, wurden die Räume frei. Wir waren die einzigen, die in diesen Räumlichkeiten wieder ein Museum einrichten wollten, so dass wir den Zuschlag und einen Mietvertrag erhielten. Und so kam es, dass das Hanfmuseum Anfang Dezember 1994 seine Türen öffnete.
grow! Und das waren die Räume, wo es sich bis heute befindet?
Rollo: Ganz genau, seit dem ersten Tag befindet sich das Hanfmuseum hier im Nikolai-Viertel, mitten im Zentrum Berlins.
grow! Und gab es Bedenken von Seiten der Wohnungsbaugesellschaft, weil ihr ein Museum zum Thema Hanf eröffnen wolltet?
Rollo: Nein, das war insbesondere in den ersten Jahren kein Thema. Das Ganze fand ja kurz nach der Wende statt, und in der ehemaligen DDR war Hanf mehr als Nutzpflanze bekannt. Der Drogenaspekt stand deutlich weniger im Mittelpunkt als heute. flowery field
grow! Habt ihr das über den Hanf e.V. organisiert, den Mietvertrag und so weiter?
Rollo: Nein, in den ersten Jahren lief der Mietvertrag auf Privatpersonen, auf Eva und mich. Die Wohnungsbaugesellschaft wollte sich nicht auf einen »unsicheren« Verein einlassen, und so mussten wir dafür geradestehen. Angesichts von Mietkosten von rund 6.000 DM pro Monat war das schon ein hohes Risiko, zumal unser finanzieller Hintergrund auch nicht gerade üppig war.
grow! 6.000 DM ist ja schon mal eine Hausnummer. Und ihr bekommt keine Zuschüsse vom Staat oder anderweitige Un-
terstützung?
Rollo: Von staatlicher Seite bekommen wir keine finanzielle Unterstützung. Es gibt aber mittlerweile einige Firmen aus der Hanfmuseum_Berlin01.jpgHanfbranche, wie etwa »Bam Bam Bhole«, die uns finanziell in Form von Spenden unterstützen. Aber im Prinzip finanziert sich das Museum selbst, vorrangig über die Eintrittsgelder. Vor einigen Jahren wurde der Mietvertrag aber auf den Hanf e. V. übertragen, sodass heute niemand mehr mit seinem Privatvermögen haften muss.
grow! Der Hanf e. V. existiert also noch ...
Rollo: Ja, der Hanf e. V. existiert noch, tritt aber in erster Linie als Betreiber des Hanfmuseums in Erscheinung.
grow! Und alle Mitarbeiter arbeiten hier ehrenamtlich, also ohne Bezahlung?
Rollo: Ja, so ist es. Das Museum gibt es nur deshalb, weil engagierte Leute ihre Zeit und ihre Energie in dieses Projekt stecken. Andererseits sorgt dieser Umstand dafür, dass das Personal immer wieder wechselt. Denn es ist nicht einfach, ehrenamtlich tätig zu sein und »nebenbei« noch einen Job zu haben, um den notwendigen Lebensunterhalt zu verdienen.
grow! Hast du denn noch einen »Zweitjob«?
Rollo: Ich habe mit Tribble, einem weiteren Vorstandsmitglied, eine kleine Internet-Firma, mit der wir einen Server betreiben und als Provider einige Homepages betreuen. Wir können die meisten Arbeit von hier aus erledigen. Damit werden wir zwar nicht reich, aber es kommt genug Geld zusammen, um damit unseren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ich bin fast jeden Tag bis zu zwölf Stunden im Museum, da bleibt nicht viel Zeit für einen anderen Job.
grow! Wie viele Leute arbeiten hier insgesamt?
Rollo: Wie gesagt, das ändert sich, aber im Durchschnitt haben wir zwischen 8 und 15 Mitarbeiter.
grow! Wie ist das mit der Ausstellung, ich vermute mal, die hat sich seit der Gründung verändert ...
Rollo: Davon kannst du ausgehen. In den letzten 18 Jahren hat sich da viel getan. Anfangs war die Ausstellung auch deutlich kleiner, es waren noch nicht alle Räume des Museums fertig, das kam erst im Laufe der Zeit.
grow! Wo habt ihr euch die Ausstellungsstücke besorgt?
Rollo: Wir sind viel rumgefahren, waren in Tschechien und den Niederlanden und haben alles eingepackt, was uns interessant erschien.
grow! Waren das vor allem Hanfprodukte?
Rollo: Ja, alle möglichen Produkte aus Hanf, davon gab es ja schon damals einiges. Aber auch alte Gerätschaften für die Hanfverarbeitung haben wir gerne mitgenommen.
grow! Wie ist die Ausstellung aufgebaut, welches Konzept steckt dahinter?
Rollo: Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass wir mit einer allgemeinen Vorstellung beginnen und die Botanik des Hanfs darstellen. Davon ausgehend werden die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten erklärt, die Nutzung der Fasern, der Schäben und der Samen. Dabei stellen wir die textile Nutzung vor, natürlich auch die Anwendung in der Schifffahrt, als Papier, Öl und Medizin. Danach geht es thematisch um den kulturellen Aspekt, um die Genusskultur in den verschiedenen Regionen wie Europa und Amerika, und behandeln schließlich die jüngere europäische Verbots-Geschichte und die aktuelle Ge-setzeslage. Außerdem haben wir noch einen Raum für Sonderausstellungen zur Verfügung.
growl Welcher Art sind die Sonderausstellungen?
Rollo: Im Moment befindet sich dort eine Sonderausstellung, die wir anlässlich der »langen Nacht der Museen« eingerichtet haben. Der Titel ist »775 Jahre Berlin — und kein Tag ohne Hanf«. Damit wollen wir zeigen, dass Hanf schon immer eine Bedeutung für diese Stadt hatte, sei es als Hanfschnur zum Zubinden der Schuhe, über die Kleidung bis zum aktuellen Einsatz, der sich im Wesentlichen auf die Nutzung als Genussmittel beschränkt.
grow! Wobei es ja auch heute noch bzw. wieder Anwendungen für den Nutzhanf gibt, wie etwa als Isolierung oder in der Textilherstellung.
Rollo: Das schon, aber in der allgemeinen Wahrnehmung, die meist durch die Boulevard-Presse gesteuert wird, ist der Nutzhanfaspekt kaum noch präsent. Die meisten Menschen bringen Hanf nur noch mit den Genussmitteln Haschisch und Marijuana in Verbindung. Und solchen Medien ist zu verdanken, dass die mittlerweile als »gefährliche Rauschdrogen« gelten.
grow! Was sagst du Leute, die dich fragen, warum Cannabis verboten ist?
Rollo: Denen sage ich immer, dass es dafür ganz viele Gründe gibt. Einer dieser Gründe ist, dass die Leute, die von dem Verbot profitieren, nicht darauf verzichten wollen. Zu diesen Leuten gehören natürlich die Drogendealer, die das Cannabis ins Land bringen, herstellen oder verkaufen. Die haben sicher kein Interesse an einer Legalisierung. Das gilt aber auch für die Verfolgungsbehörden, die in den letzten Jahren die Hanfkonsumenten als neue Klientel entdeckt haben und darüber so manche neue Stelle generieren konnten. Und ich habe den Eindruck, dass es für eine Behörde nichts Schlimmeres gibt, als zu schrumpfen. Und dementsprechend lassen sich dort vehemente Verfechter des Cannabisverbots finden, die sich oft sogar noch für eine weitere Verschärfung aussprechen. Und dazu kommt noch die ganze Führerscheinproblematik, die es so erst seit einigen Jahren gibt und um die sich eine ganz neue Branche gebildet hat — Stichwort MPU. grower forum
grow! Das ist allerdings wahr. Mit rationellen Argumenten lässt sich das Verbot auch nicht erklären oder gar rechtfertigen. Der wirtschaftliche Ansatz scheint da noch am ehesten die wahre Motivation zu offenbaren. Apropos Wirtschaft, was verlangt ihr hier eigentlich an Eintritt?
Rollo: Für Einzelbesucher kostet der Eintritt für diese fast 3ooqm große Ausstellung 4,5o Euro. Für Studenten und Schüler bieten wir eine Ermäßigung auf 3 Euro an, das gilt auch für Gruppen ab sechs Personen.
grow! Kann man auch Führungen buchen und kosten die extra?
Rollo: Wir bieten auch Führungen an, die ab Gruppen von mehr als 10 Personen nichts extra kosten. Bei kleineren Gruppen verlangen wir einen kleinen Obulus von insgesamt 5 Euro.
grow! Das hält sich aber alles noch sehr in Grenzen — dafür, dass das eure Haupteinnahmequelle ist, ist das doch sehr günstig. Zum Vergleich: Das Hashmuseum in Amsterdam verlangt 9 Euro Eintritt.
Hanfmuseum_Berlin02.jpgRollo: Die sind aber auch im Touristen-Viertel Amsterdams, da sind die Preise allgemein höher.
grow! Wie sind eure Öffnungszeiten, habt ihr jeden Tag geöffnet?
Rollo: Montags haben wir geschlossen, aber an allen anderen Wochentagen kann man zwischen 10:00 und 20:00 Uhr und am Wochenende zwischen 12:00 und 20:00 Uhr das Museum besuchen.
grow! Wie viele Besucher habt ihr so im Durchschnitt?
Rollo: Das ist sehr schwer zu sagen, weil das stark von der Saison abhängt. Aber um eine Zahl zu nennen, würde ich mal sagen, dass so um die zwanzig Einzelbesucher pro Tag kommen. Und dazu kommen noch ein bis zwei Gruppen in Schulklassenstärke, allerdings nur Werktags.
grow! Okay, dann hoffen wir mal, dass sich vielleicht der ein oder andere grow!Leser hier mal blicken lässt. Dir und dem ganzen Team wünschen wir noch alles Gute und weiterhin viel Erfolg!